NEW YORK / MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – In einem wegweisenden Urteil hat Thomson Reuters den ersten großen KI-Urheberrechtsstreit in den USA gewonnen. Der Fall, der 2020 begann, betraf die Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material durch das Startup Ross Intelligence.
Thomson Reuters hat einen bedeutenden Sieg im Bereich des Urheberrechts für Künstliche Intelligenz errungen. Im Jahr 2020 reichte das Unternehmen eine Klage gegen das KI-Startup Ross Intelligence ein, in der es behauptete, dass Ross Materialien von Westlaw, der juristischen Rechercheplattform von Thomson Reuters, reproduziert habe. Nun hat ein US-Gericht zugunsten von Thomson Reuters entschieden und festgestellt, dass die Urheberrechte des Unternehmens verletzt wurden.
Der zuständige Richter, Stephanos Bibas vom US-Bezirksgericht in Delaware, wies alle möglichen Verteidigungen von Ross zurück. In seinem Urteil erklärte er, dass Ross beabsichtigte, mit Westlaw zu konkurrieren, indem es einen Marktersatz entwickelte. Diese Entscheidung könnte weitreichende Auswirkungen auf die KI-Branche haben, da sie die Argumentation vieler KI-Unternehmen in Bezug auf die Fair-Use-Doktrin in Frage stellt.
Die Fair-Use-Doktrin ist ein zentraler Bestandteil der Verteidigungsstrategie von KI-Unternehmen, die behaupten, dass die Nutzung urheberrechtlich geschützter Materialien unter bestimmten Umständen legal sei. Dazu gehören beispielsweise Parodien oder die nichtkommerzielle Forschung. In diesem Fall entschied das Gericht jedoch, dass Ross die Materialien in einer Weise nutzte, die den Marktwert von Westlaw beeinträchtigte.
Bereits vor dem Urteil hatte Ross Intelligence die Auswirkungen des Rechtsstreits zu spüren bekommen: Das Startup stellte 2021 den Betrieb ein und verwies auf die hohen Kosten der Rechtsstreitigkeiten. Im Gegensatz dazu sind viele der großen KI-Unternehmen, die derzeit in ähnliche Rechtsstreitigkeiten verwickelt sind, wie OpenAI und Google, finanziell besser aufgestellt, um langwierige Prozesse zu überstehen.
Experten wie James Grimmelmann, Professor für digitales und Internetrecht an der Cornell University, sehen in diesem Urteil einen Rückschlag für die KI-Industrie. Er glaubt, dass das Urteil darauf hindeutet, dass viele der bisherigen Fallstudien, auf die sich KI-Unternehmen berufen, um Fair Use zu argumentieren, irrelevant sein könnten.
Chris Mammen, ein Partner bei Womble Bond Dickinson, der sich auf geistiges Eigentum spezialisiert hat, stimmt zu, dass dieses Urteil die Argumentation der KI-Unternehmen erschweren wird. Es könnte jedoch je nach Kläger variieren. Mammen merkt an, dass das Urteil die Waage in Richtung der Feststellung neigt, dass Fair Use nicht anwendbar ist.
Die Entscheidung könnte auch internationale Auswirkungen haben, da ähnliche rechtliche Herausforderungen in Ländern wie China, Kanada und dem Vereinigten Königreich bestehen. Die Frage, wie KI-Unternehmen urheberrechtlich geschütztes Material nutzen dürfen, bleibt ein heißes Thema, das die Branche in den kommenden Jahren weiter beschäftigen wird.
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