NEW YORK (IT BOLTWISE) – Der 75-jährige Programmierer Bill Hinshaw verbringt seinen Ruhestand nicht zu Hause. Hinshaw unterstützt Banken und Konzerne dabei ihre IT-Infrastruktur zu erhalten und Systeme am Laufen zu halten, obwohl er Programmieren bereits in den 60er-Jahren erlernte und keine neumodischen Programmiersprachen kann. Trotz dass es längst modernere IT-Sprachen gibt, ist die sehr altmodische Programmiersprache Cobol aus großen Banken, Konzernen wie auch einigen Teilen der US-Regierung nicht wegzudenken. Jeden Tag werden Überweisungen mit einem Gesamtvolumen von schätzungsweise drei Billionen US-Dollar über sogenannte Cobol-Systeme getätigt. Dabei geht es um Transaktionen über Girokonten, Geldautomaten, Kreditkarten und die Abwicklung von Immobilienkrediten.
Vor allem wenn mobile Apps mit den derzeit verwendeten Systemen von Banken harmonieren sollen, kommt Programmierer Bill Hinshaw ins Spiel, denn die modernen Applikationen für iPhones und Android-basierten Smartphones sind mit völlig neueren Programmiersprachen geschrieben worden. Für große Banken und deren Strukturen ist es billiger die alten Cobol-Systeme zu erhalten, als die veralteten Systeme völlig aufzugeben – ganz zu schweigen von der Riskanz, die kein Mitarbeiter in einem Konzern bei einem Systemwechsel verantworten will.
Hinshaw wollte eigentlich vor einigen Jahren bereits seine Rente antreten, jedoch blieben seine damaligen Kunden immer noch als treue Stammkunden erhalten. Banken, Konzerne und sogar die US-Regierung hofft auf die stetige Hilfe von Cobol-Programmierern. Erfahrene Cobol-Programmierer können laut dem Unternehmer gut und gerne mehr als 100 US-Dollar Stundensatz verlangen, wenn sie Fehler in den veralteten Systemen beseitigen, Handbücher aktualisieren oder dafür sorgen, dass die alten Systeme mit den neuen Applikationen korrekt arbeiten.
Ehemalige Mitarbeiter sind für viele Konzerne zu Schlüsselpositionen geworden
Für Neueinsteiger ist es laut Hinshaw nahezu unmöglich die Programmiersprache Cobol neu zu erlernen. Die aktuell verwendeten Systeme sind laut Aussagen des 75-jährigen Programmierers sehr unterschiedlich und nur selten gibt es vollständige Handbücher zu den Systemen aus den 70er- bis 80er-Jahren. Um diese Zeit wurden nämlich die ersten Systeme in den jeweiligen Bankinstituten und Regierungen aufgebaut und bis heute auch ähnlich verwendet. Obwohl das Wissen der ersten Programmierer für den heutigen Standard einst als überflüssig eingeschätzt wurde, sind genau diese ehemaligen Mitarbeiter derzeit immens wichtig, um die Infrastrukturen in vielen Konzernen weiterhin erhalten und nutzen zu können.
In Amerika fangen Banken nur langsam damit an die Systeme an neuere Standards anzupassen, denn enorme Summen müssen genau für diese Prozesse eingesetzt werden. So löste zum Beispiel die Commonwealth Bank of Australia ihr zentrales System im Jahr 2012 mit Hilfe der Unternehmensberatung Accenture und dem Softwarekonzern SAP ab. Es dauerte insgesamt fünf Jahre und kostete mehr als eine Milliarde australische Dollar die Umstellung vollständig abzuschließen. Einen ähnlichen Schritt hat die schwedische Bank Nordea bis 2020 vor sich.(cr/be)
- Quellenangaben, Einzelnachweise und Weblinks
- https://www.diepresse.com – Rückkehr der Cobol-Veteranen aus der Rente
- https://www.reuters.com – Was Banken von IT-Veteranen aktuell wollen
- https://www.tt.com – Banken holen IT-Veteranen aus der Pension zurück
Larissa Bernhardt, 15.04.2017, New York
Ergänzungen und Infos bitte an die Redaktion per eMail an de-info[at]it-boltwise.de
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