Politische Extreme als Motor für Aktivismus: Neue Erkenntnisse

MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Eine neue Studie beleuchtet die Rolle politischer Extreme bei der Mobilisierung von Menschen zu Protesten und kollektiven Aktionen. Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass nicht nur die ideologische Ausrichtung, sondern auch die Intensität der politischen Überzeugungen eine entscheidende Rolle spielt.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie in der Fachzeitschrift Political Psychology hat interessante Erkenntnisse über die Dynamik politischer Bewegungen geliefert. Die Forscher fanden heraus, dass Menschen mit extremen politischen Ansichten, unabhängig davon, ob sie links oder rechts stehen, eher an kollektiven Aktionen teilnehmen. Diese Tendenz zeigt sich selbst dann, wenn die Bewegung nicht vollständig mit ihren ideologischen Werten übereinstimmt.

Die Untersuchung, die von Gaëlle Marinthe und ihrem Team an der Clermont Auvergne Universität durchgeführt wurde, analysierte Protestbewegungen in Frankreich, darunter die gegen die COVID-19-Beschränkungen und die gegen die Rentenreform. Beide Bewegungen boten ein ideales Umfeld, um die Hypothese eines asymmetrischen U-förmigen Zusammenhangs zwischen politischer Ideologie und Aktivismus zu testen.

Interessanterweise spielt die Emotion des Zorns eine zentrale Rolle in diesem Zusammenhang. Extremistische Ansichten korrelieren mit höheren Zornlevels, was die Bereitschaft zur Teilnahme an Protesten erhöht. Während Zorn ein starker Motivator ist, zeigten die Studien, dass die Rolle von Angst und Hoffnung weniger konsistent ist. In der ersten Studie, die sich auf eine rechtsgerichtete Bewegung konzentrierte, war Angst weniger ausgeprägt, während in der zweiten Studie, die eine linksgerichtete Bewegung untersuchte, höhere Angstlevels festgestellt wurden.

Diese Ergebnisse unterstützen die sogenannte Hufeisentheorie der Politik, die besagt, dass sich die Extreme des politischen Spektrums in bestimmten Verhaltensweisen ähneln, obwohl sie ideologisch weit auseinanderliegen. Die Studie zeigt, dass politische Extremisten eher zu Protesten neigen, unabhängig von der spezifischen ideologischen Ausrichtung der Bewegung, was auf ähnliche psychologische Mechanismen hindeutet.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Studie nicht darauf hindeutet, dass extreme Linke und Rechte ideologisch ähnlich sind oder regelmäßig an den Bewegungen der jeweils anderen Seite teilnehmen. Vielmehr zeigt sie, dass Extremismus an sich ein starker Antrieb für Aktivismus ist, der durch emotionale Reaktionen wie Zorn verstärkt wird.

Die Forschungsergebnisse sind besonders relevant in einem Land wie Frankreich, das eine lange Tradition öffentlicher Demonstrationen hat. Dennoch bleibt die Frage offen, ob diese Erkenntnisse auch auf Länder übertragbar sind, in denen Proteste weniger verbreitet oder riskanter sind. Zukünftige Studien könnten untersuchen, ob politischer Extremismus auch die Teilnahme an Bewegungen fördert, die Regierungsrichtlinien unterstützen oder breitere soziale Veränderungen anstreben.

Insgesamt bietet die Studie wertvolle Einblicke in die Dynamik politischer Bewegungen und die Rolle von Extremismus und Emotionen bei der Mobilisierung von Menschen. Sie unterstreicht die Notwendigkeit, politische und gruppendynamische Prozesse zu verstehen, die über ideologische Grenzen hinweg ähnlich funktionieren können.

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