MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Die juristische Auseinandersetzung zwischen dem peruanischen Landwirt Saúl Luciano Lliuya und dem deutschen Energiekonzern RWE hat in den letzten Jahren international für Aufsehen gesorgt. Im Zentrum steht die Frage, ob Unternehmen für ihren Anteil an den globalen CO₂-Emissionen zur Verantwortung gezogen werden können.
Der Fall von Saúl Luciano Lliuya, einem Landwirt aus der peruanischen Stadt Huaraz, hat die Debatte über die Verantwortung von Unternehmen für den Klimawandel neu entfacht. Lliuya fordert von RWE, einem der größten Energieversorger Deutschlands, die Übernahme von Kosten für Schutzmaßnahmen gegen die Auswirkungen des Klimawandels in seiner Heimat. Er argumentiert, dass RWE für 0,47 Prozent der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich sei und daher anteilig für die Kosten aufkommen solle.
Das Oberlandesgericht Hamm prüft derzeit die Klage, nachdem das Landgericht Essen sie zunächst abgelehnt hatte. Die Essener Richter hatten argumentiert, dass die Vielzahl der Emittenten weltweit eine direkte Verantwortung von RWE ausschließe. Doch das Oberlandesgericht sieht Potenzial für einen Anspruch, sofern Lliuya seine Vorwürfe beweisen kann. Dazu wurden Gutachten von Experten für Geowissenschaften und Lawinenschutz in Auftrag gegeben, die das Risiko für Lliuyas Haus in Huaraz bewerten sollen.
Die Klage wird von der Stiftung Zukunftsfähigkeit und der NGO Germanwatch unterstützt. Diese Organisationen sehen in dem Verfahren einen Präzedenzfall, der die Verantwortung von Unternehmen im Kampf gegen den Klimawandel klären könnte. Sollte das Gericht zugunsten von Lliuya entscheiden, könnte dies weitreichende Folgen für die Industrie haben, da es die Tür für weitere Klagen gegen große Emittenten öffnen würde.
RWE hingegen hält die Klage für unzulässig. Das Unternehmen argumentiert, dass eine solche Rechtsprechung auch individuelle Emittenten wie Autofahrer haftbar machen könnte. RWE betont, dass der Klimawandel ein globales Problem sei, das internationale Lösungen erfordere, anstatt es vor Gericht auszutragen.
Die wissenschaftliche Grundlage für Lliuyas Forderungen ist klar: Der Rückgang des Gletschers Palcacocha stellt eine Bedrohung für die Region dar, da er das Risiko von Überschwemmungen erhöht. Die Gutachten sollen nun klären, ob und in welchem Umfang RWE für diese Risiken mitverantwortlich gemacht werden kann. Lliuya zeigt sich optimistisch und hofft, dass das Gericht die Dringlichkeit der Schutzmaßnahmen anerkennt.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm könnte nicht nur für Lliuya und RWE, sondern auch für die globale Klimapolitik von Bedeutung sein. Sie könnte einen neuen rechtlichen Rahmen schaffen, der Unternehmen stärker in die Pflicht nimmt, ihren Beitrag zur Reduzierung der CO₂-Emissionen zu leisten. Dies könnte auch den Druck auf Regierungen erhöhen, verbindliche internationale Vereinbarungen zu treffen, um den Klimawandel effektiv zu bekämpfen.
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