HAMM / MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Der Fall eines peruanischen Bauern, der den deutschen Energiekonzern RWE wegen der Klimafolgen verklagt, hat vor dem Oberlandesgericht Hamm für Aufsehen gesorgt. Die Entscheidung des Gerichts wird am 14. April erwartet.
Der peruanische Landwirt Saúl Lliuya hat eine Klage gegen den Energiekonzern RWE eingereicht, in der er fordert, dass das Unternehmen sich an den Kosten für Schutzmaßnahmen gegen eine mögliche Flutwelle beteiligt. Diese könnte durch den Gletschersee Palcacocha ausgelöst werden, der infolge der Erderwärmung instabil geworden ist. Lliuyas Haus in der Stadt Huaraz liegt am Fuße der Anden, etwa 25 Kilometer unterhalb des Sees.
Die Klage wird von der Stiftung Zukunftsfähigkeit und der Umweltorganisation Germanwatch unterstützt. Lliuya argumentiert, dass RWE durch seine Kraftwerke erheblich zur Erzeugung von Treibhausgasen beiträgt und somit eine Mitverantwortung für die Klimafolgen trägt. RWE hingegen hält die Klage für unzulässig und sieht keine rechtliche Grundlage für eine zivilrechtliche Klimahaftung.
Im Mittelpunkt der Verhandlung stand das Gutachten zweier Sachverständiger, die die Wahrscheinlichkeit einer ernsthaften Beeinträchtigung des Hausgrundstücks durch eine Flutwelle in den nächsten 30 Jahren mit einem Prozent angaben. Die Gutachter betonten, dass sie mehrere Sicherheitspuffer in ihre Berechnungen einbezogen haben, um die Stabilität des Gletscherseedamms zu bewerten.
Die Anwälte und Gutachter des Klägers widersprachen dieser Einschätzung und warfen den Sachverständigen vor, das Risiko zu unterschätzen. Der Geotechniker Lukas Arenson betonte, dass die Auswirkungen der Erderwärmung auf den Permafrostboden oberhalb des Sees zu Instabilitäten führen könnten, die in die Wahrscheinlichkeitsberechnungen einbezogen werden müssten.
Unter den Zuhörern war auch die Klimaschutz-Aktivistin Luisa Neubauer, die den Fall als historisch bezeichnete. Sie sieht in der Klage ein Zeichen dafür, dass Menschen weltweit bereit sind, den Kampf gegen fossile Konzerne aufzunehmen. RWE-Anwalt Moritz Becker argumentierte hingegen, dass eine Eintrittswahrscheinlichkeit von einem Prozent nicht ausreiche, um eine Haftung zu begründen.
Die Entscheidung des Gerichts könnte weitreichende Folgen für die zivilrechtliche Klimahaftung haben. Sollte die Klage Erfolg haben, könnte dies zu einer Welle ähnlicher Klagen gegen Unternehmen führen, die für ihre Treibhausgasemissionen zur Verantwortung gezogen werden könnten.
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