Neue Erkenntnisse zur neuronalen Flexibilität bei der Gedächtnisbildung

MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Die neuesten Forschungsergebnisse aus der Neurowissenschaft enthüllen faszinierende Details über die Struktur der Gedächtnisbildung im Mausgehirn. Diese Erkenntnisse könnten entscheidend dazu beitragen, das Verständnis für die Flexibilität neuronaler Netzwerke zu vertiefen.

Die jüngste Studie von Wissenschaftlern der Scripps Research Institute hat die strukturellen Grundlagen der Gedächtnisbildung in einem breiten Netzwerk von Neuronen im Mausgehirn aufgedeckt. Diese Arbeit beleuchtet die grundlegend flexible Natur der Gedächtnisbildung und beschreibt lernbezogene Veränderungen auf zellulärer und subzellulärer Ebene mit beispielloser Auflösung. Das Verständnis dieser Flexibilität könnte erklären, warum Gedächtnis- und Lernprozesse manchmal fehlschlagen.

Die in der Fachzeitschrift Science veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass Neuronen, die einem Gedächtnisspur zugeordnet sind, ihre Verbindungen zu anderen Neuronen durch eine untypische Art von Verbindung, genannt multi-synaptisches Bouton, reorganisieren. In einem multi-synaptischen Bouton kontaktiert das Axon des Neurons, das das Signal mit Informationen überträgt, mehrere Neuronen, die das Signal empfangen. Laut den Forschern könnten multi-synaptische Boutons die zelluläre Flexibilität der Informationskodierung ermöglichen, die in früheren Forschungen beobachtet wurde.

Interessanterweise fanden die Forscher heraus, dass die Neuronen, die an der Gedächtnisbildung beteiligt sind, nicht bevorzugt miteinander verbunden waren. Diese Entdeckung stellt die traditionelle Theorie in Frage, dass “Neuronen, die zusammen feuern, auch zusammen verdrahten”. Darüber hinaus beobachteten die Forscher, dass Neuronen, die einer Gedächtnisspur zugeordnet sind, bestimmte intrazelluläre Strukturen reorganisierten, die Energie bereitstellen und die Kommunikation und Plastizität in neuronalen Verbindungen unterstützen. Diese Neuronen hatten auch verstärkte Interaktionen mit Stützzellen, den sogenannten Astrozyten.

Mit einer Kombination aus fortschrittlichen genetischen Werkzeugen, 3D-Elektronenmikroskopie und Künstlicher Intelligenz rekonstruierten die Wissenschaftler um Marco Uytiepo und Anton Maximov, Ph.D., ein Schaltbild der an Lernprozessen beteiligten Neuronen und identifizierten strukturelle Veränderungen an diesen Neuronen und ihren Verbindungen auf zellulärer und subzellulärer Ebene.

Um strukturelle Merkmale zu untersuchen, die mit dem Lernen verbunden sind, setzten die Forscher Mäuse einer Konditionierungsaufgabe aus und untersuchten etwa eine Woche später die Hippocampus-Region des Gehirns. Sie wählten diesen Zeitpunkt, weil er nach der ersten Kodierung von Erinnerungen, aber vor deren Umstrukturierung für die Langzeitspeicherung liegt. Mit fortschrittlichen genetischen Techniken markierten die Forscher dauerhaft Untergruppen von Hippocampus-Neuronen, die während des Lernens aktiviert wurden, was eine zuverlässige Identifizierung ermöglichte. Anschließend verwendeten sie 3D-Elektronenmikroskopie und Algorithmen der Künstlichen Intelligenz, um nanoskalige Rekonstruktionen der an Lernprozessen beteiligten erregenden neuronalen Netzwerke zu erstellen.

Diese Studie bietet einen umfassenden Überblick über die strukturellen Merkmale der Gedächtnisbildung in einer Gehirnregion und wirft neue Fragen für weitere Untersuchungen auf. Zukünftige Studien werden entscheidend sein, um festzustellen, ob ähnliche Mechanismen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in verschiedenen neuronalen Schaltkreisen wirken. Darüber hinaus ist eine weitere Untersuchung der molekularen Zusammensetzung von multi-synaptischen Boutons erforderlich, um ihre genaue Rolle im Gedächtnis und anderen kognitiven Prozessen zu bestimmen.

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