LONDON / MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Die britische Regierung erwägt die Nationalisierung von British Steel, da die Sorge wächst, dass nur noch wenige Tage bleiben, um die Rohstoffe für die Hochöfen des Unternehmens in Scunthorpe zu sichern.
Die britische Regierung steht vor einer entscheidenden Entscheidung: Soll British Steel verstaatlicht werden, um die Zukunft der Stahlproduktion in Scunthorpe zu sichern? Diese Frage gewinnt an Dringlichkeit, da die Zeit knapp wird, um die notwendigen Rohstoffe für die Hochöfen des Unternehmens zu beschaffen. Die Finanzministerin Rachel Reeves hat den Arbeitern in der Anlage in Lincolnshire versichert, dass die Regierung bereit ist, die Verstaatlichung in Betracht zu ziehen, falls dies notwendig wird.
Die strategische Bedeutung der Stahlindustrie für das Vereinigte Königreich ist unbestritten. In Gesprächen mit Gewerkschaften hat Reeves betont, dass die Regierung die Bedeutung der Stahlproduktion für die nationale Sicherheit und Wirtschaft versteht. Der Druck auf die britische Stahlindustrie hat sich durch die von US-Präsident Donald Trump verhängten 25%igen Zölle auf Stahlimporte weiter erhöht.
British Steel, das seit 2020 im Besitz des chinesischen Unternehmens Jingye ist, hat bekannt gegeben, dass seine beiden Hochöfen in Scunthorpe finanziell nicht mehr tragfähig sind. Ohne staatliche Unterstützung könnten 2.700 Arbeitsplätze verloren gehen. Jingye hat über 1,2 Milliarden Pfund in British Steel investiert, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, und gibt an, täglich finanzielle Verluste von etwa 700.000 Pfund zu erleiden.
Der Premierminister hat vor dem Commons Liaison Committee erklärt, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen, wenn es um mögliche staatliche Unterstützung geht. Er betonte sein Engagement für die Stahlproduktion im Land, ohne jedoch weitere Details zu nennen. Die Regierung hat ein Unterstützungsangebot in Höhe von 500 Millionen Pfund gemacht, um den Übergang von Hochöfen zu sogenannten Elektrolichtbogenöfen zu finanzieren, was jedoch von der Firma abgelehnt wurde.
In Whitehall herrscht Besorgnis, dass die Verhandlungen in dieser Woche einen kritischen Punkt erreichen, da eine Bestellung für neue Rohstoffe aufgegeben werden muss, um die Hochöfen am Laufen zu halten. Wenn diese abgeschaltet werden, würde dies die ohnehin schon prekäre Lage des Standorts weiter verschärfen.
Der politische Hintergrund der Diskussionen um die Zukunft des Werks ist der Wettlauf um den ersten direkt gewählten Bürgermeister von Lincolnshire. Die Wahl findet am 1. Mai statt. Der Reform UK-Führer Nigel Farage und sein Stellvertreter Richard Tice, selbst ein Abgeordneter aus Lincolnshire, besuchten das Werk und forderten, dass British Steel in öffentliches Eigentum überführt werden sollte.
Der konservative Abgeordnete Martin Vickers äußerte im Parlament, dass Jingye die Bestellungen für die Rohstoffe, die für den Betrieb der Hochöfen unerlässlich sind, storniert habe. Er betonte, dass eine vorübergehende Verstaatlichung die Möglichkeit bieten würde, die Industrie neu aufzubauen und neue private Investitionen zu sichern.
Die konservative Parteiführung hat sich nicht eindeutig zur Unterstützung der Verstaatlichung bekannt. Parteiführerin Kemi Badenoch erklärte, dass die Verstaatlichung eine letzte Option sein müsse, betonte jedoch die Bedeutung der Stahlproduktion für die nationale Widerstandsfähigkeit.
Die Regierung bleibt entschlossen, eine langfristige Zukunft für die Stahlwerke in Scunthorpe zu sichern und die Stahlproduktion aufrechtzuerhalten. Die Liberaldemokraten, die Grünen und ein unabhängiger Kandidat treten ebenfalls bei der Bürgermeisterwahl in Lincolnshire an.
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