Künstliche Intelligenz und Aktien: Ultramarins KI-ETF setzt nicht auf Nvidia - IT BOLTWISE® x Artificial Intelligence

MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Das Rennen zwischen Index-ETFs und einem durch Künstliche Intelligenz gelenkten ETF ist eröffnet. Was Anleger von dem neuen Produkt des KI-Spezialisten Ultramarin erwarten können.



Fragt man ChatGPT, wie gut künstliche Intelligenz an der Börse vielversprechende Aktien auswählt, ist die Antwort euphorisch. KI habe drei Superkräfte: Sie analysiere eine Flut von Daten blitzschnell, durchschaue komplexe Zusammenhänge und passe sich flexibel an Veränderungen an. „So trifft sie punktgenauere und dynamischere Anlageentscheidungen. Einfach genial!“ Klingt leicht und locker, was ChatGPT über KI weiß, indem es aus dem eigenen Fundus schöpft. Aber das entspricht nicht der Realität.

Die WirtschaftsWoche hat sich dazu die bereits am Markt angebotenen Fonds angesehen, die mindestens drei Jahre am Markt sind und mal mehr oder weniger stark durch KI gelenkt werden (siehe Tabelle). Allianz Global Investors lässt den Allianz Global Equity powered by Artificial Intelligence (LU2397364162) seit Ende des Jahres 2021 laufen. Die Zwischenbilanz: Er entwickelt sich zumindest sehr ähnlich wie der MSCI World und ist damit einer der besten KI-gelenkten Fonds in diesem Jahr, mit einem Plus von 17 Prozent. In dieser Woche kommt der Berliner KI-Experte Ultramarin (früherer Name: Othoz) mit einem neuen ETF auf den Markt, dessen Portfoliozusammenstellung ebenfalls auf der Arbeit eines bereits etablierten KI-Systems beruht. Geschult und erprobt haben die Berliner ihr KI-System an zwei bestehenden Fonds, die sie im Mai 2019 an den Markt gebracht haben. Reichmacher waren sie seitdem aber nicht.

Ist von KI die Rede, kommt zunächst die Frage nach der Aktie von Nvidia. Noch füttert der gewaltige Kursanstieg des US-Chipdesigners Nvidia alle Investments vom ETF bis zum aktiv gemanagten Aktienfonds oder Mischfonds mit KI-Fantasie. Wer sich künstliche Intelligenz mit einem Aktien-ETF ins Depot holen möchte, bekommt üblicherweise eine große Portion Nvidia. Im Semiconductor-ETF (englisch für „Halbleiter-ETF“) von Amundi macht die Aktie ein Drittel des Depots aus, gefolgt von Broadcom, TSMC und ASML. Mit insgesamt 69 Aktien ist der ETF zwar gemischt, aber doch von den vier größten Aktien abhängig. Sie allein machen 60 Prozent des Depots aus und haben entscheidend zu der gigantischen Performance von 65,8 Prozent in diesem Jahr (bis 25.6.2024) beigetragen.

Aktuell hat die Nvidia-Aktie vom Höchstkurs Mitte Juni bereits 23 Prozent verloren. Gründe für den Kursrückgang gibt es viele: Mancher wollte nach dem starken Kursanstieg der letzten Monate Kasse machen, außerdem kamen vermehrt Zweifel auf, wie lange Nvidia seine Monopolstellung bei besonders leistungsfähigen Chips halten wird. Angekündigte Aktienverkäufe des Nvidia-Gründers und -Chefs Jensen Huang bewogen manchen Aktionär ebenfalls zum Verkauf. In einem aktiv gemanagten Aktienfonds von SEB für Halbleiteraktien erreicht Nvidia fast das gesetzlich maximal bei einem Fonds zulässige Gewicht von knapp 10 Prozent.

Caroline Cai, Chefin und Portfoliomanagerin des US-Fondsanbieters Pzena, hält keine Nvidia-Aktien in ihren Fonds. Die New Yorker Fondsgesellschaft konzentriert sich auf Aktien von Unternehmen, die günstig sind und bei denen sie eine gute Substanz und Kurspotenzial erkennt. Cais Anlagestrategie ist eine klassische Value-Strategie. In manchen Depots der Amerikaner kosten die Aktien im Schnitt nur die Hälfte dessen, was die Aktien aus vergleichbaren Indizes kosten. Cai sieht zwar das längerfristige Potenzial bei künstlicher Intelligenz, sie hinterfragt aber, ob sich ein großer Teil des Aufwärtspotenzials bereits in den Bewertungen zeigt. „Derzeit investieren viele Unternehmen in Anwendungen der künstlichen Intelligenz, aber die große Frage ist, ob das nicht schon alles längst in den Aktienkursen von Nvidia eingepreist ist“, sagt sie.

Die Expertin ist gespannt, wie tolerant die Anleger sind, wenn Nvidias Umsatz nicht mehr so stark wächst. Weil jetzt lange viel Optimismus herrschte, sei auch das Enttäuschungspotenzial groß. 2022 lag der Nvidia-Umsatz nur bei 27 Milliarden Dollar, 2023 waren es schon 60 Milliarden. „Ich würde nicht sagen, dass der erwartete weitere Umsatzanstieg unmöglich ist, denn technologische Veränderungen führen häufig zu hohen Investitionen“, sagt Cai. Sie investiert aber lieber in Taiwan Semiconductor (TSMC). Die Aktie sei günstiger als Nvidia und die Amerikaner benötigten TSMC, um die von ihnen gestalteten Chips zu produzieren.

Vom Berliner KI-Spezialisten Ultramarin gibt es in den nächsten Tagen einen ETF, bei dem künstliche Intelligenz die Rolle des Fondsmanagers bei der Aktienauswahl übernimmt. An bisher schon von Ultramarin bestückten Fonds konnte man erkennen: KI liebte die Staraktien nicht, weder Nvidia noch andere Börsenstars waren im vergangenen Geschäftsjahr im Fonds. Erst Ende Januar hat das KI-System dann aber die Chancen von Nvidia entdeckt, die Aktie ist jetzt in einem US-Fonds von Ultramarin enthalten.

An den Fonds, die schon KI für sich arbeiten lassen, werden auch die Grenzen des Systems deutlich (siehe Tabelle): Sie fallen nicht durch herausragende Performance auf. Doch künstliche Intelligenz wird mit immer mehr Daten gefüttert. Je länger sie trainiert und genutzt wird, desto mehr lernt sie hinzu und könnte auch bessere Ergebnisse erzielen.

Noch bewirkt die Technik aber im Fondsmanagement keine Wunder. Die Berliner Ultramarin-Experten haben allerdings gute Voraussetzungen, sich zu verbessern: KI ist ihr Herzstück – sie wollen für besonders saubere Daten sorgen. Das ist wichtig, damit das System dauerhaft funktioniert und nicht auf Basis falscher Daten herumspinnt. Ultramarin-Chef Julien Florian Jensen sagte der WirtschaftsWoche schon im vergangenen Jahr, dass seine KI-Plattform modular aufgebaut sei und maßgeschneiderte Lösungen je nach Anlagebedarf anbieten könne.

„Die aktuelle Forschung und unsere praktische Erfahrung zeigen, dass sich KI aufgrund der Menge und Qualität an verfügbaren Daten insbesondere für die Aktienselektion innerhalb großer Aktienuniversen eignet“, sagte Jensen. Bei dem neuen ETF ist das Anlageuniversum deshalb auch auf die großen Aktien aus der Euro-Zone beschränkt.
Ultramarin arbeitet bei den bisherigen Fonds mit Hauck & Aufhäuser als Kapitalverwaltungsgesellschaft zusammen. Für den neuen ETF hat sich Jensen als Dienstleister auch die Baader Bank und die Produktplattform Accelerator von Goldman Sachs ins Boot geholt.

Ultramarin bietet bisher schon einen Mischfonds namens ART AI US-Balanced, der ausschließlich in US-Aktien investiert, und ein Mischportfolio mit Euroland-Aktien namens Art AI Euro Balanced. Beide Fonds performen eher schwach. Der US-Fonds erzielte in den vergangenen drei Jahren pro Jahr magere 1,8 Prozent, das Euro-Depot verlor jährlich im Schnitt 0,32 Prozent. Die KI hatte für den US-Fonds seit September 2022 keine Nvidia-Aktie gekauft, war dann erst Ende Januar 2024 dort eingestiegen. Im Euro-Aktienportfolio waren Staraktien wie der dänische Diabetesspezialist Novo Nordisk oder der französische Luxusgüterkonzern LVMH nicht enthalten, dafür aber der niederländische Chipmaschinenbauer ASML.

Die bisher von Ultramarin angebotenen Fonds sollen allerdings eine stabile positive Rendite erzielen und sichern das Marktrisiko des Portfolios ständig mit ab. Für ihren neuen ETF wird das Haus mehr Risiko eingehen und komplett auf Aktien aus dem Euroraum setzen. Immerhin ist der Halbleiter-Maschinenbauer ASML mit 1,1 Prozent Gewicht auch schon Teil des Euroland-Aktienportfolios im bisherigen Fonds. Auch Titel wie Allianz, BMW, SAP oder Danone dürften in dem neuen ETF enthalten sein. Sie verbindet, dass sie nicht als teuer gelten und Aufholpotenzial haben.

Caroline Cai vom US-Fondshaus Pzena hält auch beim Fondsmanagement letztlich den Wert der menschlichen Urteilskraft für wichtig und sinnvoll. Noch seien viele der im Asset Management eingesetzten KI-Systeme zu wenig trainiert, sagt sie. Langfristig aber könnten sie die Aktienanalyse zumindest effizienter machen.

Effizienz spart Kosten und ETFs haben üblicherweise niedrigere jährliche Kosten als aktiv gemanagte Fonds. Mit einem günstigen KI-gelenkten ETF ist Ultramarin vielen Anbietern einen Schritt voraus. Das bedeutet für Anleger nicht, dass sie einen solchen ETF unbedingt brauchen. Sie können auch erst einmal zuschauen, ob der neue ETF rasch lernt und vielleicht doch noch Wunder vollbringt.

Künstliche Intelligenz und Aktien: Ultramarins KI-ETF setzt nicht auf Nvidia
Künstliche Intelligenz und Aktien: Ultramarins KI-ETF setzt nicht auf Nvidia (Foto: DALL-E, IT BOLTWISE)
Hinweis: Teile dieses Textes könnten mithilfe Künstlicher Intelligenz generiert worden sein.



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