BRÜSSEL / MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Inmitten wachsender Unsicherheiten über das Engagement der USA für den Schutz europäischer Nationen und die militärische Unterstützung der Ukraine, diskutiert die Europäische Union über ihre zukünftige Rolle als potenzielle militärische Supermacht.
Die Europäische Union steht vor einer entscheidenden Phase, in der sie ihre Verteidigungsautonomie stärken möchte. Nach einem Gipfeltreffen, bei dem die Staats- und Regierungschefs der EU Milliarden für die Verteidigung versprochen haben, kehren sie nach Brüssel zurück, um konkrete Pläne zu schmieden. Diese Pläne sollen die Abhängigkeit von den USA verringern und die Fähigkeit Europas stärken, eigenständig militärische Operationen durchzuführen.
Ein zentraler Bestandteil dieser Strategie ist das ReArm Europe-Programm, das darauf abzielt, die Verteidigungsausgaben der EU-Mitgliedstaaten zu erhöhen. Von den geplanten 800 Milliarden Euro sollen 650 Milliarden durch die Lockerung der Verteidigungsausgabenregelungen aufgebracht werden. Dies würde es den Mitgliedstaaten ermöglichen, zusätzlich 1,5 Prozent ihres BIP für militärische Ausgaben zu verwenden. Doch es gibt Zweifel, ob alle Hauptstädte diese Möglichkeit nutzen werden.
Ein weiteres Problem ist die Finanzierung durch Kredite, die gegen ungenutzte EU-Budgetmittel gesichert sind. Diese Kredite sollen den Kauf von Verteidigungsgütern aus europäischer Produktion finanzieren. Doch viele Länder, insbesondere im Süden Europas, sind hoch verschuldet und zögern, weitere Schulden aufzunehmen. Auch in nördlichen EU-Staaten gibt es Bedenken, dass diese Pläne die Verschuldung der EU weiter erhöhen könnten.
Deutschland spielt eine Schlüsselrolle in diesen Plänen. Der neue Kanzler Friedrich Merz hat eine erhebliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben angekündigt, die von der Schuldenbremse ausgenommen werden sollen. Dies könnte zu einer massiven Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben führen, was in Brüssel begrüßt wird, aber in anderen europäischen Hauptstädten Besorgnis auslöst. Es besteht die Gefahr, dass Deutschland vor allem in seine eigenen Unternehmen investiert, was zu einem ungleichen Wettbewerb führen könnte.
Ein weiteres Element der EU-Verteidigungsstrategie ist die Verbesserung der militärischen Mobilität innerhalb der EU. Derzeit gibt es keine harmonisierten Regeln für den Transport von militärischem Gerät zwischen den Mitgliedstaaten. Die EU plant, Brücken, Eisenbahnen und Straßen zu stärken, um schwerere militärische Lasten zu tragen. Diese Maßnahmen sind entscheidend, um im Notfall schnell reagieren zu können.
Die Integration des ukrainischen Verteidigungsmarktes in den EU-Markt ist ein weiterer wichtiger Schritt. Die Ukraine verfügt über eine der fähigsten Armeen des Kontinents und könnte der EU wertvolle Unterstützung bieten. Die sogenannte dänische Modell sieht vor, dass EU-Mitgliedstaaten direkt Verteidigungsgüter aus der Ukraine beschaffen oder Joint Ventures mit ukrainischen Unternehmen gründen.
Die EU steht vor der Herausforderung, die Ukraine in der aktuellen Krise zu unterstützen. Kiew hat signalisiert, dass es in diesem Jahr bis zu 33 Milliarden Euro an zusätzlicher militärischer Unterstützung benötigt. Die EU muss dringend Wege finden, um diese Mittel bereitzustellen, insbesondere da die USA möglicherweise nicht in der Lage sind, einen Großteil dieser Unterstützung zu leisten.
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