HELSINKI/MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Nationale Strategie für Künstliche Intelligenz und Künstliche Intelligenz in Behörden und Firmen – das sind die aktuellen Themen der finnischen Regierung: Finnland will aufsteigen und zu Europas Testlabor in Sachen Künstliche Intelligenz werden. Vor allem die Bürger sollen von den Vorteilen des Maschinellen Lernens profitieren – sich jedoch erst einmal aber informieren können. Mit einem Online-Kurs, welcher mittlerweise mehr als 200.000 Zugriffe weltweit verzeichnet soll ein Anfang geschaffen werden.
Schon im Jahr 2017 hat die Regierung in Finnland eine nationale Strategie für Künstliche Intelligenz verkündet, für die sie 200 Millionen Euro bereitstellt: Dabei will man gezielt in Firmen und Forschungslabore investieren, welche Künstliche Intelligenz entwickeln und anwenden. So soll zum Beispiel ein intelligenter Assistent für digitale Behördengänge entwickelt werden, der etwa Anfragen automatisch an die entsprechenden Behördenstellen weiterleitet.
Neu ist auch, dass nicht nur die Firmen von künstlicher Intelligenz profitieren sollen, sondern die gesamte Gesellschaft. Am Anfang stand für Finnland das Ein-Prozent-Ziel fest. Ein Prozent der 5,5 Millionen finnischen Gesellschaft sollte lernen, was Künstliche Intelligenz überhaupt bedeutet, was diese kann und was nicht. Dafür hat ein Team rund um den Informatikprofessor Teemu Roos von der Uni Helsinki den Online-Kurs „Elements of AI“ entwickelt. Im Büro direkt neben der Universität erklärt Ville Valtonen vom Beratungsunternehmen Reaktor die Hintergründe:
„Es bringt nichts, wenn man den besten Kurs der Welt hat, aber keiner erfährt davon. Das wäre typisch Finnisch. Wir erfinden immer die besten Sachen, die dann keiner kennt. Karelische Piroggen zum Beispiel.“
Mit diesem Erfolg weltweit für den Online-Kurs hat jedoch wohl niemand gerechnet. Der eLearning-Kurs über Künstliche Intelligenz landete im Jahr 2018 kostenlos im Internet und nach nicht mal vier Monaten war das Ziel erreicht: Ein Prozent Finnlands – also 55.000 Finnen – hatten diesen erfolgreich absolviert. Mittlerweile sind es mehr als 200.000 Zugriffe aus der ganzen Welt.
Viele machen den Online-Kurs freiwillig aus hobbymäßigem Interesse, andere beruflich. Etwa 250 Unternehmen aus Finnland haben ihre Mitarbeiter motiviert, an dem Online-Kurs teilzunehmen. Und auch die finnische Regierung schult ihre Mitarbeiter auf diese Weise und verordnet eLearning über das Internet. Zur ersten Abschlussfeier des Kurses im Herbst 2018, bei der die ersten Absolvent/innen ihr Zertifikat zur Teilnahme erhielten, kam Finnlands Präsident sogar höchstpersönlich zu Besuch.
Das Wirtschaftsministerium hält Künstliche Intelligenz für entscheidend für die Zukunft der Gesellschaft und der Wirtschaft: Europa könne nur wettbewerbsfähig gegenüber USA und China bleiben, wenn es sich um die digitale Weiterbildung seiner Bürger kümmere. Immerhin entstehen die meisten KI-Unternehmen und KI-Projekte wie auch die größten KI-Investments derzeit in Amerika und in China, sagt auch Teemu Roos. „Finnland und Europa müssen die Regeln für KI festlegen, da haben wir eine Verantwortung. In China ist das alles nicht demokratisch, und in den USA wiederum sehr profitorientiert, gesteuert von großen Unternehmen.“
Deshalb müsse in Europa mehr in Bezug auf Künstliche Intelligenz passieren. Ein Anfang soll der Online-Kurs sein. Der Online-Kurs besteht aus insgesamt sechs Teilen, eine Mischung aus Theorie und praktischen Übungen, von maschinellem Lernen bis zu den Grundlagen des Programmierens. Wer den Online-Kurs machen möchte, sollte dafür 60 bis 90 Stunden einplanen. Dabei geht es Roos nicht darum, dass die Teilenehmer programmieren lernen, sondern dass sie verstehen, wo Künstliche Intelligenz schon jetzt im Leben eine Rolle spielt, sagt Berater Ville Valtonen.
„KI hilft, mit Unsicherheiten umzugehen, zum Beispiel bei der Impfgegner-Debatte. Die Menschen haben Angst, weil sie nicht wissen, welche Nebenwirkungen eine Impfung hat. Also schlussfolgern sie, dass sie gefährlich ist – und wollen ihr Kind nicht impfen lassen.“
Nach erfolgreicher Absolvierung des Online-Kurses – so hoffen die Macher – können die Teilnehmer das, was sie über Künstliche Intelligenz zukünftig hören, lesen oder sehen, kritisch bewerten und einordnen. Künstliche Intelligenz soll keine so große Unbekannte mehr sein. Eher etwas, das man besser kennenlernen will – auch im Bewusstsein der Grenzen von künstlicher Intelligenz. Der Kurs war übrigens so erfolgreich, dass er auch in andere Sprachen übersetzt wird und bald auch auf Deutsch im Netz erscheinen soll.
Quelle: Deutschandfunk
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