Handschrift als Schlüssel zur besseren Worterkennung bei Kindern

SHENYANG / MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – In einer Zeit, in der digitale Lernmethoden zunehmend den Unterricht dominieren, zeigt eine neue Studie aus China, dass traditionelle Handschrift beim Erlernen der englischen Sprache für Kinder erhebliche Vorteile bietet.

Die jüngste Forschung, veröffentlicht in Acta Psychologica, hebt hervor, dass das Schreiben mit der Hand den Lernprozess von Grundschülern beim Erwerb neuer englischer Wörter signifikant verbessert. Insbesondere die Erkennung von Wortformen, Klängen und Bedeutungen profitiert von dieser Methode. Wissenschaftler argumentieren seit langem, dass Handschrift das Gehirn anders aktiviert als das bloße Tippen oder visuelle Lernen, da es mehrere Sinne kombiniert. Beim Schreiben müssen die Schüler die Buchstaben sehen, ihre Handbewegungen steuern und das Schreibgerät fühlen, was den Lernprozess intensiviert.

Die Studie, geleitet von Yang Ying und Kollegen der Shenyang Normal University, untersuchte, ob Handschrift spezifische Vorteile beim Erlernen der drei wesentlichen Aspekte englischer Wörter bietet: Form, Klang und Bedeutung. Dazu wurden 40 Sechstklässler in zwei Gruppen aufgeteilt – eine lernte durch Handschrift, die andere durch visuelles Lesen. Über drei Tage hinweg führten die Kinder Aufgaben durch, die ihre Fähigkeit testeten, Wortformen zu erkennen, Klänge zuzuordnen und Bedeutungen zu identifizieren.

Am Ende des Experiments übertraf die Handschriftgruppe die visuellen Lerner in fast jeder Kategorie. Die Forscher stellten fest, dass Schüler, die Wörter aufschrieben, eine höhere Genauigkeit und schnellere Reaktionszeiten bei den Aufgaben erzielten als diejenigen, die sie nur auf einem Bildschirm lasen. Interessanterweise zeigte sich der Einfluss der Handschrift nicht sofort. Die Kinder verbesserten ihre Fähigkeit, Wortklänge bereits am ersten Tag zu erkennen, gefolgt von Wortbedeutungen am zweiten Tag und schließlich Wortformen am dritten Tag.

Die Autoren erklären, dass das Schreiben von Wörtern mit der Hand die Kinder zwingt, langsamer zu arbeiten und genau auf die Formen und Details der Buchstaben zu achten. Diese Vorteile könnten mit Faktoren wie Aufmerksamkeitsfokus, multisensorischer Verarbeitung und detaillierter visueller Verarbeitung zusammenhängen. Trotz dieser Erkenntnisse weist die Studie auch Einschränkungen auf. Alle Teilnehmer waren Sechstklässler, sodass unklar bleibt, ob Handschrift ähnliche Vorteile für jüngere Kinder oder ältere Schüler bietet. Zudem wurde das Tippen nicht in den Vergleich einbezogen, was die Frage offen lässt, wie sich Handschrift gegen die heute häufigste Methode der Texteingabe behauptet.

Die Ergebnisse haben praktische Implikationen. In einer Ära, in der Bildschirme die Klassenzimmer dominieren, könnten Pädagogen den Wert traditioneller Stift-und-Papier-Übungen überdenken. Handschrift, so die Studie, lehrt Kinder nicht nur, wie man Buchstaben formt, sondern stärkt ihr Verständnis des gesamten Wortes.