MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass Geschlechtsunterschiede in der Gehirnstruktur bereits bei der Geburt vorhanden sind und sich in den ersten Lebenswochen kaum verändern. Diese Erkenntnisse könnten wichtige Hinweise auf die biologischen Grundlagen von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen liefern.
Die jüngste Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Biology of Sex Differences, hat gezeigt, dass Geschlechtsunterschiede im Gehirn bereits bei der Geburt vorhanden sind und sich während der frühen postnatalen Entwicklung kaum verändern. Diese Entdeckung könnte entscheidend sein, um die biologischen Grundlagen von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen besser zu verstehen, die oft geschlechtsspezifische Unterschiede in ihrer Prävalenz und Symptomatik aufweisen.
Die Forscher analysierten Daten von 514 gesunden, voll ausgetragenen Neugeborenen, die im Rahmen des Developing Human Connectome Project untersucht wurden. Dabei wurden 278 männliche und 236 weibliche Säuglinge innerhalb der ersten 28 Lebenstage mittels Magnetresonanztomographie (MRT) gescannt. Die Ergebnisse zeigten, dass männliche Säuglinge im Durchschnitt ein größeres Gesamtgehirnvolumen aufweisen, während weibliche Säuglinge, relativ zur Gehirngröße, mehr graue Substanz besitzen.
Diese Unterschiede in der Gehirnstruktur könnten auf pränatale biologische Faktoren zurückzuführen sein, die eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Geschlechtsunterschieden spielen. Die Studie fand zudem heraus, dass weibliche Säuglinge größere Volumina in bestimmten Hirnregionen wie dem Corpus Callosum und dem Parahippocampalen Gyrus aufweisen, während männliche Säuglinge größere Volumina in Regionen wie den medialen und inferioren Temporalgyrien haben.
Die Stabilität dieser Unterschiede während des ersten Lebensmonats deutet darauf hin, dass sie bereits vor der Geburt etabliert sind und nicht durch frühe postnatale Erfahrungen entstehen. Diese Erkenntnisse könnten dazu beitragen, die Ursachen für geschlechtsspezifische Unterschiede bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen besser zu verstehen und letztlich zu einer gezielteren Diagnose und Unterstützung führen.
Obwohl die Studie wichtige Hinweise liefert, bleiben einige Fragen offen. So ist unklar, ob die beobachteten strukturellen Unterschiede auch mit kognitiven oder Verhaltensmerkmalen in Verbindung stehen. Zudem ist es wichtig zu klären, ob genetische Faktoren, pränatale Hormone oder andere Einflüsse während der fetalen Entwicklung die Hauptursache für diese Unterschiede sind.
Die Forscher betonen, dass, obwohl es auf Gruppenebene Unterschiede gibt, dies nicht bedeutet, dass männliche und weibliche Gehirne grundsätzlich unterschiedlich funktionieren. Die beobachteten Unterschiede basieren auf Durchschnittswerten großer Stichproben, und die individuelle Variation ist erheblich. Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich diese strukturellen Unterschiede in der weiteren Entwicklung und im Verhalten der Kinder auswirken werden.
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