MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Neue wissenschaftliche Erkenntnisse stellen die bisherige Annahme in Frage, dass Säuglinge keine Erinnerungen bilden können. Eine aktuelle Studie zeigt, dass bereits 12 Monate alte Babys in der Lage sind, Erfahrungen zu kodieren.
Die Forschung zur Gedächtnisbildung bei Säuglingen hat einen bedeutenden Fortschritt gemacht. Eine neue Studie, die mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) durchgeführt wurde, zeigt, dass der Hippocampus, ein für das Gedächtnis entscheidendes Hirnareal, bei Säuglingen während einer Gedächtnisaufgabe aktiv ist. Diese Entdeckung legt nahe, dass die infantile Amnesie, also die Unfähigkeit, sich an die ersten Lebensjahre zu erinnern, eher auf Probleme bei der Gedächtnisabrufung als auf die Unfähigkeit zur Gedächtnisbildung zurückzuführen ist. Während Erwachsene sich nicht an Ereignisse aus den ersten Lebensjahren erinnern können, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass frühe Erinnerungen möglicherweise bestehen bleiben, aber unzugänglich sind. Die Studie zeigt, dass Babys bereits ab einem Alter von 12 Monaten individuelle Erfahrungen kodieren können. Dies widerspricht der bisherigen Annahme, dass der Hippocampus in diesem Alter noch nicht vollständig entwickelt ist. Frühere Forschungen an Nagetieren haben gezeigt, dass Gedächtnisspuren im infantilen Hippocampus gebildet werden, aber im Laufe der Zeit unzugänglich werden. In der menschlichen Entwicklung demonstrieren Säuglinge ihr Gedächtnis durch Verhaltensweisen wie konditionierte Reaktionen, Nachahmung und das Erkennen vertrauter Reize. Die aktuelle Studie von Tristan Yates und Kollegen verwendete fMRI-Scans, um die Gehirne von Säuglingen im Alter von etwa 4 bis 25 Monaten während einer Gedächtnisaufgabe zu untersuchen. Die Aufgabe, die auf einer etablierten Methode für Erwachsene basiert, bestand darin, den Säuglingen Bilder von Gesichtern, Szenen und Objekten zu zeigen, gefolgt von einem Gedächtnistest, der auf bevorzugtem Blickverhalten basierte. Die Ergebnisse zeigen, dass der Hippocampus von Säuglingen die Fähigkeit hat, Erinnerungen an individuelle Erfahrungen ab etwa einem Jahr zu kodieren. Dies liefert Beweise dafür, dass die Fähigkeit, individuelle Erinnerungen zu bilden, sich bereits in der frühen Kindheit entwickelt. Laut den Autoren deutet die Verfügbarkeit von Kodierungsmechanismen für das episodische Gedächtnis während der Kindheit darauf hin, dass die infantile Amnesie eher auf Versagen der Gedächtnisabrufmechanismen zurückzuführen ist. Diese Erkenntnisse stimmen mit jüngsten Studien an Nagetieren überein, die zeigen, dass während der Kindheit gebildete Erinnerungen bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben können, aber ohne direkte Stimulation der hippocampalen Engramme oder Erinnerungshinweise nicht abrufbar sind.
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