BRÜSSEL / MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Die EU-Taxonomie, ein Regelwerk zur Förderung nachhaltigen Wirtschaftens, sorgt derzeit für hitzige Debatten in der Immobilienbranche. Während die Grundidee darin besteht, Kapital in grüne Investitionen zu lenken, um den Klimaschutz voranzutreiben, zeigen sich in der Praxis erhebliche Schwächen, die insbesondere den Gebäudesektor hart treffen.
Die EU-Taxonomie hat das Ziel, Investitionen in nachhaltige Projekte zu fördern, doch die Umsetzung im Gebäudesektor stößt auf erhebliche Kritik. Die Regularien, die ursprünglich zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden gedacht waren, führen zu einer Verteuerung des Wohnraums und behindern die dringend notwendige Sanierung von Altbauten. Dies ist besonders problematisch, da Sanierungen potenziell mehr CO₂ einsparen könnten als Neubauten.
Ein zentraler Kritikpunkt ist, dass die EU-Taxonomie ausschließlich Gebäude mit der besten Energieeffizienz belohnt. Dies lenkt Kapital in bereits hochwertige Immobilien und stigmatisiert ältere Gebäude, was dringend notwendige Sanierungen verhindert. Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), bezeichnet dies als kontraproduktiv für die Klimaziele.
In Deutschland müssen Neubauten die ohnehin strengen Effizienzanforderungen um weitere zehn Prozent übertreffen. Dies führt zu Mehrkosten von bis zu 300 Euro pro Quadratmeter, was bezahlbaren Wohnraum zunehmend unerreichbar macht. Ingeborg Esser, Vizepräsidentin des GdW, kritisiert, dass dies den bezahlbaren Wohnungsbau konterkariert.
Die EU-Gebäuderichtlinie legt den Fokus auf die Sanierung der energieineffizientesten Gebäude. Doch die strengen Anforderungen der EU-Taxonomie erschweren es, Sanierungsmaßnahmen gezielt voranzutreiben. Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp), weist darauf hin, dass Sanierungen durch die EU-Regeln massiv erschwert werden. Besonders problematisch ist die Bewertung von Altbauten, die als Risikoobjekte gelten und zu schlechteren Kreditkonditionen führen.
Ein Beispiel für die Herausforderungen ist die Forderung, dass Sanierungen nur dann als konform gelten, wenn der Energieverbrauch des Gebäudes um mindestens 30 Prozent reduziert wird. Für viele Eigentümer ist dies ein unrealistisches Ziel, da häufig das nötige Kapital für umfassende Maßnahmen fehlt. In kleinen Schritten zu sanieren, ist nach den Regeln nicht vorgesehen, was die Situation zusätzlich verkompliziert.
Unabhängige Experten äußern ebenfalls harsche Kritik an der EU-Taxonomie. Ulrich Nack, Immobilien-Experte an der EBZ Business School, sieht in den Regeln ein Beispiel für überzogene Regulierung. Seiner Meinung nach müssten die Vorschriften flexibler gestaltet werden, um die Sanierung einer breiten Masse von Gebäuden zu ermöglichen, anstatt nur Vorzeigeobjekte zu fördern.
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