MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Die Erforschung der nördlichen Polkappe des Mars eröffnet neue Einblicke in die geologische Beschaffenheit und das innere Gefüge des Planeten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzen die glaziale isostatische Anpassung, um die Struktur des Marsmantels zu analysieren und das Alter der Eisschicht zu bestimmen.
Die nördliche Polkappe des Mars, bedeckt von einer massiven Eisschicht, bietet Forschenden eine einzigartige Gelegenheit, das Innere des Roten Planeten zu untersuchen. Diese Eisschicht, die hauptsächlich aus Wassereis besteht, ist etwa 1000 Kilometer breit und drei Kilometer dick. Durch die Untersuchung der durch das Eis verursachten Deformationen der Marsoberfläche können Wissenschaftler wertvolle Informationen über die innere Struktur des Planeten gewinnen.
Ein Team um Dr. Adrien Broquet vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat ein Phänomen untersucht, das als glaziale isostatische Anpassung bekannt ist. Dieser Prozess beschreibt, wie sich die Erdoberfläche nach dem Abschmelzen von Eisschilden hebt. Auf der Erde ist dies in Skandinavien zu beobachten, wo sich die Landoberfläche um bis zu einem Zentimeter pro Jahr hebt. Auf dem Mars hingegen zeigt sich eine andere Dynamik.
Die Forschungen von Broquet und seinem Team haben gezeigt, dass die Eisschicht den darunterliegenden Boden des Mars mit einer Rate von bis zu 0,13 Millimeter pro Jahr in den Mantel drückt. Diese geringen Deformationsraten deuten darauf hin, dass der obere Mantel des Mars kalt, hochviskos und wesentlich starrer ist als der der Erde. Dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass das Innere des Mars heute extrem kalt ist.
Die Untersuchung der Marsoberfläche wurde durch Radarmessungen von Raumsonden wie Mars Express und dem Mars Reconnaissance Orbiter ermöglicht. Diese Messungen haben gezeigt, dass die Marsoberfläche trotz der gewaltigen Eismassen nahezu unverformt geblieben ist. Dies steht im Gegensatz zur Erde, wo riesige Eisdecken die Oberfläche stark eindrückten.
Die hohe Viskosität und Kälte des Marsinneren haben bislang verhindert, dass sich die Oberfläche vollständig verformen konnte. Numerische Simulationen zeigen, dass sich der Boden am Nordpol des Mars derzeit mit einer Geschwindigkeit von maximal 0,13 Millimeter pro Jahr absenkt. Dies bedeutet, dass die Viskosität des oberen Mantels des Mars zehn- bis hundertmal höher ist als die der Erde.
Interessanterweise zeigen Modelle dennoch die Existenz lokaler Schmelzzonen im Mantel nahe dem Äquator. Dies deutet darauf hin, dass es in den äquatorialen Regionen des Mars noch Anzeichen jüngerer vulkanischer Aktivität gibt. Die Eiskappe am Mars-Nordpol ist mit einem geschätzten Alter von zwei bis zwölf Millionen Jahren vermutlich die jüngste und zugleich größte geologische Formation, die auf dem Roten Planeten beobachtet werden kann.
Die Arbeit von Broquet und seinem Team ist die erste, die eine glaziale isostatische Anpassung auf einem anderen Planeten dokumentiert. Dies hat weitreichende Auswirkungen auf unser Verständnis des Marsinneren und seiner geologischen Entwicklung. In den vergangenen Jahren wurden mehrere GRACE-ähnliche Gravimetrie-Missionen für den Mars vorgeschlagen, die präzisere Messungen der Hebungs- und Senkungsprozesse auf dem Roten Planeten liefern sollen.
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