MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Angesichts einer möglichen Einigung der EU-Staaten zur umstrittenen Chatkontrolle warnen Netzaktivisten und Messengerbetreiber vor einer Schwächung der sicheren Kommunikation.
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Der Chaos Computer Club (CCC) kritisierte am 17. Juni 2024 den jüngsten Vorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft, die am 19. Juni 2024 über einen Kompromiss abstimmen lassen möchte. „Nach einem weiteren Hütchenspielertrick, den massenhaften Angriff auf Verschlüsselung nicht als solchen erscheinen zu lassen, wackelt nun der Widerstand Frankreichs“, teilte der CCC mit.
Laut dem Vorschlag müssen Nutzer aktiv der Überwachung ihrer Kommunikation zum Aufspüren von pädokriminellem Material zustimmen. Andernfalls können sie die Dienste nicht vollständig nutzen und keine Bilder und Videos mehr versenden. „Von Freiwilligkeit kann hier keine Rede sein“, sagte CCC-Sprecher Linus Neumann.
Die Chefin des Messenger-Dienstes Signal, Meredith Whittaker, warnte ebenfalls vor den Plänen und betonte, dass es keine Möglichkeit gebe, die Integrität der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu wahren und gleichzeitig verschlüsselte Inhalte der Überwachung auszusetzen. „Es gibt keine Möglichkeit, solche Vorschläge im Zusammenhang mit Ende-zu-Ende-verschlüsselter Kommunikation umzusetzen, ohne die Verschlüsselung grundlegend zu untergraben und eine gefährliche Schwachstelle in der Kerninfrastruktur zu schaffen, die globale Auswirkungen weit über Europa hinaus hätte“, sagte Whittaker, die zuletzt mit einem Rückzug ihres Dienstes aus Europa drohte.
Whittaker warf den Befürwortern der Chatkontrolle vor, die Überprüfung von Kommunikationsinhalten auf den Endgeräten der Nutzer, das sogenannte Client-Side-Scanning, nun als „Upload-Moderation“ zu bezeichnen. Die Behauptung, dass dadurch die Verschlüsselung nicht untergraben werde, sei „unwahr“, schrieb sie in einer Stellungnahme. Solche „rhetorischen Spielchen“ seien gefährlich und naiv, wenn es um ein so ernstes Thema gehe.
Frankreich reichte laut Netzpolitik.org in der vergangenen Woche neue Änderungswünsche zum belgischen Vorschlag ein, die sicherstellen sollen, dass Verschlüsselung nicht geschwächt werde und weiterhin verfügbar sei. Innenkommissarin Ylva Johansson deutete in einer Ratssitzung am 13. Juni 2024 an, dass die EU-Kommission die Chatkontrolle erst dann einsetzen möchte, wenn Verfahren ohne Schwächung der Verschlüsselung technisch machbar seien.
In einem offenen Brief vom 18. Juni 2024 warnten 36 Politiker aus fünf EU-Staaten vor dem belgischen Vorschlag, „der die Vertraulichkeit privater Kommunikation beenden würde“. Die vorgeschlagenen Maßnahmen könnten zu Selbstzensur führen und sichere Räume für Kinder und Opfer sexueller Gewalt gefährden. Die Vorschläge würden „wahrscheinlich auch dazu führen, dass Benutzer digitale Dienste nicht mehr nutzen wollen und das Vertrauen in die Anbieter verlieren“.
Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören zahlreiche Abgeordnete von Grünen und FDP im Bundestag und Europaparlament, darunter die FDP-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, der Europaabgeordnete Damian Boeselager (Volt) und der scheidende Europaabgeordnete Patrick Breyer (Piraten).
Ergänzungen und Infos bitte an die Redaktion per eMail an de-info[at]it-boltwise.de
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