MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Das KI-Modell Alphafold 3 könnte die Entwicklung neuer Medikamente revolutionieren. Wie es arbeitet, lässt sich jedoch nicht überprüfen.
Die neueste Version des Programms soll die Struktur von Proteinen noch genauer vorhersagen. Deepmind weigert sich jedoch, den Quellcode publik zu machen, was bei Forschern für Unmut sorgt.
Als die Google-Tochter Deepmind 2020 die Ergebnisse ihres KI-Modells Alphafold 2 vorstellte, ging ein Beben durch die Forschungswelt. Das Modell hatte eines der schwierigsten Probleme der Biochemie gelöst: die dreidimensionale Form von Proteinen mit hoher Genauigkeit vorherzusagen. Da die Form eines Proteins dessen Funktion bestimmt, ist es einfacher, Medikamente zu entwickeln, die diese Funktion gezielt verändern.
Jetzt hat Deepmind die neueste Weiterentwicklung des Modells vorgestellt: Alphafold 3. Es ist auf die Wechselwirkung von Proteinen mit anderen biologischen und chemischen Molekülen spezialisiert und kann diese deutlich besser vorhersagen als alle bisherigen Methoden. Dies behaupten zumindest die Entwickler von Deepmind in einer kürzlich im Wissenschaftsmagazin «Nature» erschienenen Publikation. Doch nachprüfen kann das niemand.
Forscher haben nur begrenzten Zugang zu Alphafold 3, da Deepmind den Programmcode und das Modell vorerst geheim hält. Es wurde lediglich ein sogenannter Pseudocode veröffentlicht, der die Funktionsweise des Modells beschreibt. Forscher an Universitäten können nur maximal zwanzig Abfragen pro Tag über einen Webserver einreichen. Dies schränkt ihre Möglichkeiten ein, Alphafold 3 zu überprüfen und zu verwenden.
Für dieses Verhalten wurde Deepmind von Wissenschaftlern kritisiert, und auch das Wissenschaftsmagazin «Nature» bleibt nicht verschont. In einem offenen Brief an die Herausgeber von «Nature» beklagen Wissenschaftler verschiedener Institutionen, dass das Zurückhalten von Informationen nicht im Einklang mit den Grundsätzen des wissenschaftlichen Fortschritts stehe.
Die universitäre Forschung an KI hat ein Problem: Die grössten Fortschritte geschehen heute im privaten Sektor, nicht an den Universitäten. Denn grosse KI-Modelle zu trainieren, ist teuer, und nur wenige Universitäten besitzen eine entsprechende Computerinfrastruktur. Tech-Firmen locken zudem die besten Forschungstalente an.
Alphafold 3 hilft, neue Medikamente zu finden, indem es die Struktur eines Proteins zusammen mit einem anderen chemischen Molekül, DNA, RNA oder weiteren Proteinen vorhersagt. Pharmafirmen könnten ohne kostspielige Labortests herausfinden, ob sich ein Molekül als Medikament eignet, und so viel Geld und Zeit sparen.
Deepmind hat dem Druck aus der Forschungswelt nachgegeben und auf X verkündet, das Modell innerhalb von sechs Monaten frei zugänglich zu machen. Doch darauf will man offenbar nicht vertrauen, denn Wissenschaftler versuchen jetzt, Alphafold 3 anhand des Pseudocodes nachzubauen und neu zu trainieren.
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