MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Eine neue Studie beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum, Schmerzempfinden und aggressivem Verhalten. Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die schmerzlindernde Wirkung von Alkohol eine entscheidende Rolle dabei spielt, warum betrunkene Personen häufiger aggressiv reagieren.
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Alkohol ist seit langem als ein Faktor bekannt, der aggressives Verhalten fördert. Doch die genauen Mechanismen, die diesem Phänomen zugrunde liegen, blieben bisher unklar. Eine aktuelle Studie, veröffentlicht im Journal of Studies on Alcohol and Drugs, zeigt nun, dass die Fähigkeit von Alkohol, körperlichen Schmerz zu lindern, eine bedeutende Rolle dabei spielen könnte, warum betrunkene Menschen eher zu Aggressionen neigen.
Die Forscher um Brad Bushman von der Ohio State University vermuten, dass die schmerzlindernde Wirkung von Alkohol die Empathiefähigkeit verringert, wodurch Menschen weniger sensibel für das Leiden anderer werden. Diese Hypothese stützt sich auf die Annahme, dass das eigene Schmerzempfinden entscheidend dafür ist, das Unbehagen anderer zu verstehen und darauf zu reagieren.
Um diese Hypothese zu überprüfen, führten die Forscher zwei Experimente mit insgesamt 870 Teilnehmern durch. Alle Teilnehmer waren gesunde, soziale Trinker im Alter von 21 bis 35 Jahren. Personen mit schweren psychischen Erkrankungen oder Alkoholabhängigkeit wurden ausgeschlossen, um eine repräsentative Stichprobe typischer sozialer Trinker zu gewährleisten.
Die Teilnehmer wurden zufällig in zwei Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe erhielt ein alkoholisches Getränk, die andere ein Placebo. Männer in der Alkoholgruppe erhielten eine Dosis von einem Gramm Alkohol pro Kilogramm Körpergewicht, während Frauen eine etwas geringere Dosis bekamen. Die Placebo-Getränke enthielten nur eine minimale Menge Alkohol, um den sensorischen Eindruck zu simulieren, ohne eine Intoxikation zu verursachen.
Nach dem Konsum der Getränke unterzogen sich die Teilnehmer einem Schmerzschwellentest. Dabei erhielten sie kurze elektrische Schocks, deren Intensität allmählich gesteigert wurde, bis der Teilnehmer angab, dass der Schmerz unangenehm wurde. Die Alkoholgruppe begann den Test 15 Minuten nach dem Trinken, um dem Alkohol Zeit zu geben, seine Wirkung zu entfalten, während die Placebogruppe den Test kurz nach dem Trinken absolvierte.
Anschließend nahmen die Teilnehmer an einer Reaktionszeitaufgabe teil, die als Maß für Aggression in Laborumgebungen etabliert ist. Dabei traten sie gegen einen vermeintlichen Gegner an, wobei der Gewinner dem Verlierer einen elektrischen Schock verabreichen konnte. Die Intensität und Dauer des Schocks konnten die Teilnehmer selbst bestimmen, wobei höhere Werte dem eigenen Schmerzempfinden entsprachen.
Die Ergebnisse zeigten ein klares Muster: Teilnehmer, die Alkohol konsumiert hatten, wiesen eine höhere Schmerzschwelle auf als diejenigen in der Placebogruppe, was den bekannten analgetischen Effekten von Alkohol entspricht. Wichtiger noch, diese verringerte Schmerzempfindlichkeit war mit einer erhöhten Aggression während der Aufgabe verbunden. Teilnehmer der Alkoholgruppe verabreichten intensivere Schocks über längere Zeiträume als ihre Placebo-Gegenstücke, und ihre Bereitschaft, anderen Schmerz zuzufügen, korrelierte mit ihrer eigenen verminderten Fähigkeit, ihn zu empfinden.
Obwohl die Studie einen wichtigen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Aggression aufzeigt, erklärt die Schmerzschwelle nur etwa 20 % der beobachteten Effekte. Dies deutet darauf hin, dass auch andere Faktoren wie eingeschränktes Urteilsvermögen oder verminderte Empathie zur Aggression unter Alkoholeinfluss beitragen.
Die Forscher hoffen, dass zukünftige Studien diese Einschränkungen adressieren und weitere mögliche Vermittler von alkoholinduzierter Aggression untersuchen, wie emotionale Regulation oder soziale Dynamiken. Auch individuelle Unterschiede, einschließlich Persönlichkeitsmerkmale oder Traumageschichten, könnten Aufschluss darüber geben, warum einige Menschen unter Alkoholeinfluss aggressiver werden.
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