MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Eine neue Studie zeigt, dass Menschen mit Symptomen von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Alltag häufiger ungewollte Erinnerungen erleben als Personen ohne diese Symptome.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie im British Journal of Psychology hat herausgefunden, dass Personen, die Symptome einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) aufweisen, im Alltag häufiger ungewollte Erinnerungen erleben als solche ohne diese Symptome. Diese spontanen Erinnerungen wurden zudem als weniger positiv und häufiger wiederkehrend bewertet.
Die Forscher wollten untersuchen, ob spontanes Erinnern, also unbeabsichtigte Erinnerungen an persönliche Erlebnisse, bei Menschen mit ADHS-Merkmalen häufiger vorkommt. Während frühere Forschungen bereits einen Zusammenhang zwischen ADHS und vermehrtem Abschweifen des Geistes festgestellt haben, war unklar, ob diese Tendenz auch auf ungewollte Erinnerungen zutrifft.
Frühere Studien hatten gemischte Ergebnisse geliefert. Einige natürliche Studien deuteten auf einen Zusammenhang zwischen Ablenkbarkeit und spontanem Erinnern hin, während andere, die auf Laboruntersuchungen basierten, keinen solchen Zusammenhang fanden. Die Autoren der aktuellen Studie vermuteten, dass traditionelle Labortests möglicherweise keine realen Unterschiede erkennen lassen und entwarfen zwei komplementäre Studien, um dies zu untersuchen.
In der ersten Studie absolvierten 453 Studierende den Barkley Adult ADHD Rating Scale (BAARS-IV), einen validierten Fragebogen zur Identifizierung von ADHS-Symptomen. Basierend auf ihren Ergebnissen wurden die Teilnehmer in diejenigen eingeteilt, die im ADHS-Bereich lagen, und diejenigen, die dies nicht taten. Alle Teilnehmer nahmen dann an einer Wachsamkeitsaufgabe teil, die dazu diente, spontane Gedanken und Erinnerungen in einer kontrollierten Umgebung zu messen.
Während dieser Aufgabe sahen die Teilnehmer eine Abfolge von Folien und wurden gebeten, alle ungeplanten Erinnerungen oder Gedanken zu melden, die sie erlebten. Nach der Aufgabe füllten sie einen separaten Fragebogen aus, in dem sie schätzten, wie oft sie im Alltag ungewollte Erinnerungen erlebten, wie emotional positiv oder negativ diese Erinnerungen tendenziell waren und wie oft sich dieselben Erinnerungen wiederholten.
Die Ergebnisse dieser ersten Studie zeigten keinen Unterschied in der Anzahl der während der Laboraufgabe gemeldeten spontanen Erinnerungen zwischen denjenigen mit ADHS-Symptomen und denen ohne. Die Fragebogenantworten zeichneten jedoch ein anderes Bild. Teilnehmer, die im ADHS-Bereich lagen, schätzten, dass sie im Alltag signifikant mehr ungewollte Erinnerungen erlebten als die anderen Gruppen. Sie beschrieben diese Erinnerungen auch als weniger positiv und häufiger wiederkehrend. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Laboreinstellungen nicht immer Unterschiede in spontanen Erinnerungserfahrungen erkennen lassen, während selbstberichtete Alltagserfahrungen bedeutende Unterschiede aufzeigen können.
Um auf diesen Ergebnissen aufzubauen, führten die Forscher eine zweite Studie mit einer natürlicheren Methode durch. Eine neue Stichprobe von 116 Teilnehmern, darunter sowohl Studierende als auch Mitglieder der Gemeinschaft, absolvierte ebenfalls den BAARS-IV. Sie wurden dann gebeten, ein Taschenbuch für 48 Stunden mit sich zu führen und jede ungewollte Erinnerung, die sie in dieser Zeit erlebten, zu notieren. Für jede Erinnerung notierten sie die Uhrzeit, ihr Alter in der Erinnerung und bewerteten deren emotionalen Ton, emotionalen Einfluss, wie oft die Erinnerung zuvor aufgetreten war und wie fokussiert ihre Aufmerksamkeit zu dem Zeitpunkt war.
Diese tagebuchbasierte Studie lieferte zusätzliche Unterstützung für die Erwartungen der Forscher. Teilnehmer mit ADHS-Bereichs-Ergebnissen verzeichneten über den 48-Stunden-Zeitraum signifikant mehr ungewollte Erinnerungen als diejenigen im Nicht-ADHS-Bereich. Im Durchschnitt berichteten sie fast doppelt so viele Erinnerungen. Wie in der ersten Studie bewerteten sie ihre Erinnerungen auch als weniger emotional positiv. Im Gegensatz zu den Fragebogenergebnissen gab es jedoch keine signifikanten Gruppenunterschiede in Bezug auf die Wiederholung der Erinnerungen oder die berichteten Aufmerksamkeitsniveaus zum Zeitpunkt des Auftretens der Erinnerungen.
Zusammen zeigen diese Ergebnisse, dass Menschen mit ADHS-Symptomen möglicherweise häufiger spontane Erinnerungen erleben als andere, insbesondere in ihrem täglichen Leben. Der Unterschied war während einer kontrollierten Laboraufgabe nicht erkennbar, was die Forscher glauben lässt, dass diese möglicherweise nicht die realen Aufmerksamkeitsdynamiken widerspiegelt. Tatsächlich schlagen sie vor, dass die Wachsamkeitsaufgabe, die bedeutungsvolle Wortphrasen enthält, den Teilnehmern mit ADHS helfen könnte, ihre Konzentration aufrechtzuerhalten und spontane Erinnerungen zu unterdrücken, die in weniger strukturierten Umgebungen auftreten würden. Alternativ könnte die Aufgabe die Rate spontaner Erinnerungen bei Nicht-ADHS-Teilnehmern künstlich erhöht haben, wodurch Unterschiede zwischen den Gruppen maskiert wurden.
Die Tagebuchmethode bot hingegen einen natürlicheren Einblick, wie oft diese Erinnerungen unter gewöhnlichen Umständen auftreten. Da die Teilnehmer ihre Erfahrungen in Echtzeit aufzeichneten, während sie ihrem täglichen Leben nachgingen, könnte diese Methode echte kognitive Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne ADHS-Symptomen besser widerspiegeln.
Die Forscher räumten mehrere Einschränkungen ihrer Arbeit ein. Erstens wurden die Teilnehmer nicht formell mit ADHS diagnostiziert, sondern erzielten auf einer Selbstbewertungsskala Ergebnisse im ADHS-Bereich. Obwohl diese Methode in der psychologischen Forschung häufig verwendet wird, würden zukünftige Studien mit klinisch diagnostizierten Stichproben helfen, die Ergebnisse zu bestätigen.
Die Studie stützte sich auch auf Selbstberichtsmethoden, die anfällig für Ungenauigkeiten sein können. Beispielsweise könnten Menschen mit ADHS über- oder unterschätzen, wie oft sie wiederkehrende Erinnerungen erleben. Obwohl die Tagebuchmethode einige dieser Bedenken anspricht, hat auch sie ihre Einschränkungen. Teilnehmer könnten vergessen haben, einige Erinnerungen zu notieren, insbesondere wenn sie häufig auftraten, was zu einer Unterberichterstattung führen könnte.
Trotz dieser Herausforderungen trägt die Studie zu einer wachsenden Zahl von Beweisen bei, die darauf hindeuten, dass Menschen mit ADHS-Symptomen dazu neigen, mehr spontane kognitive Ereignisse zu erleben, einschließlich nicht nur zukunftsorientiertem Abschweifen des Geistes, sondern auch unbeabsichtigten Erinnerungen an vergangene Erfahrungen. Diese Erkenntnisse könnten Forschern helfen, besser zu verstehen, wie Aufmerksamkeit und Gedächtnis bei Menschen mit Aufmerksamkeitsproblemen interagieren.
Die Autoren schlagen vor, dass zukünftige Forschungen längere Tagebuchaufzeichnungszeiträume verwenden könnten, um Muster zu erfassen, die über nur zwei Tage möglicherweise nicht auftreten. Sie empfehlen auch eine weitere Untersuchung, warum diese Unterschiede auftreten. Während eine Theorie besagt, dass Menschen mit ADHS schwächere Mechanismen zum Herausfiltern irrelevanter Erinnerungen haben, bleibt der Beweis dafür unklar. Weitere Forschung ist erforderlich, um zu klären, was diese Unterschiede im spontanen Erinnern antreibt und wie sie das tägliche Funktionieren beeinflussen.
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