MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Die Beobachtung der Verschmelzung von Neutronensternen bietet Astronomen eine einzigartige Gelegenheit, die Schwerkraft und Materie unter extremen Bedingungen zu untersuchen. Doch die Analyse der dabei entstehenden Gravitationswellen stellt eine erhebliche Herausforderung dar. Ein internationales Forschungsteam hat nun eine KI-basierte Lösung entwickelt, die diese Analyse erheblich beschleunigt.
Die Verschmelzung von Neutronensternen ist ein seltenes und faszinierendes Ereignis, das Millionen von Lichtjahren von der Erde entfernt stattfindet. Diese kosmischen Kollisionen erzeugen Gravitationswellen, die wertvolle Informationen über die physikalischen Eigenschaften der beteiligten Objekte liefern. Die Analyse dieser Wellen ist jedoch komplex und zeitaufwendig, da sie große Datenmengen umfasst, die von Detektoren wie LIGO und Virgo erfasst werden. Traditionelle Methoden benötigen oft Stunden, um diese Daten zu verarbeiten.
Ein Forschungsteam hat nun einen Algorithmus namens DINGO-BNS entwickelt, der maschinelles Lernen nutzt, um die Analysezeit drastisch zu verkürzen. Dieser Algorithmus kann die Eigenschaften verschmelzender Neutronensterne, wie Masse und Rotation, in weniger als einer Sekunde bestimmen. Dies stellt eine erhebliche Verbesserung gegenüber den bisherigen Methoden dar, die etwa eine Stunde benötigen.
Die schnelle und präzise Analyse der Gravitationswellen ist entscheidend, um die Quelle der Wellen zu lokalisieren und Teleskope rechtzeitig auszurichten. Dies ermöglicht es Astronomen, die begleitenden elektromagnetischen Signale, wie das sichtbare Licht einer Kilonova, zu beobachten. Maximilian Dax, ein Doktorand am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme, betont die Bedeutung dieser Echtzeit-Analyse für die Astronomie.
Die LVK-Kollaboration, bestehend aus den großen Gravitationswellen-Observatorien LIGO, Virgo und KAGRA, verwendet derzeit Algorithmen, die auf Näherungen basieren und an Genauigkeit einbüßen. Der neue Ansatz von DINGO-BNS vermeidet diese Schwächen und ermöglicht eine genauere Bestimmung der Position der Neutronenstern-Verschmelzungen am Himmel.
Die Entwicklung von DINGO-BNS erforderte mehrere technische Innovationen, darunter eine Methode zur Datenkompression, die sich an die Ereignisse anpasst. Stephen Green von der Universität Nottingham hebt hervor, dass diese Innovationen entscheidend für die Leistungsfähigkeit des Algorithmus sind. Bernhard Schölkopf vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme ergänzt, dass die Kombination von maschinellem Lernen mit physikalischem Fachwissen besonders effektiv ist.
Die Forscher hoffen, dass DINGO-BNS eines Tages helfen wird, elektromagnetische Signale vor und während der Kollision von Neutronensternen zu beobachten. Solche frühen Multi-Messenger-Beobachtungen könnten neue Erkenntnisse über den Verschmelzungsprozess und die anschließende Kilonova liefern, die noch nicht vollständig verstanden sind. Alessandra Buonanno vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik betont die potenziellen wissenschaftlichen Durchbrüche, die durch diese Technologie ermöglicht werden könnten.
Die Ergebnisse dieser Forschung wurden in der renommierten Fachzeitschrift Nature veröffentlicht und könnten einen neuen Standard für die Analyse von Gravitationswellen setzen. Die Kombination aus Geschwindigkeit und Genauigkeit, die DINGO-BNS bietet, könnte die Art und Weise, wie Astronomen Neutronenstern-Verschmelzungen untersuchen, grundlegend verändern.
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