GENT / MÜNCHEN (IT BOLTWISE) – Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass Jugendliche mit geringeren kognitiven und emotionalen Fähigkeiten eher autoritäre Einstellungen entwickeln, unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung.
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Eine aktuelle Studie, veröffentlicht im Journal of Personality, hat ergeben, dass Jugendliche mit niedrigeren kognitiven und emotionalen Fähigkeiten eher autoritäre Einstellungen vertreten, unabhängig davon, ob sie sich politisch links oder rechts orientieren. Diese Erkenntnisse verdeutlichen, wie Einschränkungen im Denken und in der emotionalen Regulation mit Autoritarismus verbunden sind und werfen ein Licht auf die gemeinsamen psychologischen Merkmale, die diesen ideologischen Einstellungen zugrunde liegen.
Die Adoleszenz ist eine entscheidende Entwicklungsphase, in der politische Überzeugungen und ideologische Einstellungen Gestalt annehmen. Dennoch sind Studien, die diese Prozesse bei Jugendlichen untersuchen, rar. Forscher der Universität Gent in Belgien wollten herausfinden, ob die bei Erwachsenen beobachteten Zusammenhänge, wie der zwischen geringeren kognitiven Fähigkeiten und autoritären Einstellungen, auch bei Jugendlichen gelten.
Ein Hauptmotiv für die Studie war die Annahme zu hinterfragen, dass sich ideologische Entwicklungen hauptsächlich im Erwachsenenalter vollziehen, insbesondere nach dem Besuch höherer Bildungseinrichtungen. Diese Annahme wurde in der politischen Psychologie häufig diskutiert, wobei Theorien besagen, dass die Adoleszenz zu früh für eine sinnvolle politische Auseinandersetzung sei, da die kognitiven Fähigkeiten noch begrenzt sind.
Jüngste Forschungen haben jedoch diese Sichtweise infrage gestellt und argumentiert, dass proto-ideologische Überzeugungen bereits in der Kindheit entstehen und das Verständnis dieser frühen Überzeugungen Aufschluss darüber geben kann, wie sich ideologische Einstellungen entwickeln. Indem sie sich auf Jugendliche konzentrierten, hofften die Forscher, eine entscheidende Phase in dieser Entwicklung zu erfassen.
Ein weiteres Ziel war es, die Rolle der emotionalen Fähigkeiten zu untersuchen, die in früheren Forschungen weniger Beachtung fanden als die kognitiven Fähigkeiten. Emotionale Fähigkeiten, wie das Verstehen und Regulieren von Emotionen, sind entscheidend für das Navigieren in sozialen Situationen und das Treffen von Urteilen über gesellschaftliche Fragen. Da frühere Studien bei Erwachsenen emotionale Fähigkeiten als starke Prädiktoren für ideologische Einstellungen fanden, vermuteten die Forscher, dass diese Fähigkeiten während der Adoleszenz eine noch bedeutendere Rolle spielen könnten.
Um zu untersuchen, wie kognitive und emotionale Fähigkeiten mit ideologischen Einstellungen zusammenhängen, rekrutierten die Forscher 507 Teilnehmer im Alter von 15 bis 22 Jahren. Die Teilnehmer waren hauptsächlich Schüler und Studenten, was eine repräsentative Stichprobe der mittleren und späten Adoleszenz sicherstellte.
Die Forscher verwendeten standardisierte Intelligenztests, um die kognitiven Fähigkeiten zu messen. Für Teilnehmer im Alter von 16 Jahren oder jünger wurde der WISC-V-Test durchgeführt, der Fähigkeiten wie verbales Verständnis, flüssiges Denken und Verarbeitungsgeschwindigkeit bewertet. Für Teilnehmer ab 17 Jahren wurde der Kaufman Adolescent and Adult Intelligence Test verwendet, der flüssige und kristallisierte Intelligenz durch Aufgaben wie logisches Denken, Symbollernen und Verständnis misst.
Emotionale Fähigkeiten wurden mit vier verkürzten leistungsbasierten Tests bewertet, darunter Messungen des emotionalen Verständnisses und der Erkennung. Die Ergebnisse dieser Tests wurden zu einem zusammengesetzten Score zusammengefasst, um die gesamten emotionalen Fähigkeiten jedes Teilnehmers darzustellen.
Um ideologische Einstellungen zu messen, verwendeten die Forscher drei etablierte Skalen. Rechtsextremer Autoritarismus wurde mit Items gemessen, die Konformität, Respekt vor Autorität und Aggression gegenüber Außengruppen bewerteten. Soziale Dominanzorientierung wurde durch die Bewertung von Präferenzen für hierarchische versus egalitäre soziale Strukturen gemessen. Schließlich wurde linksextremer Autoritarismus mit einer Skala bewertet, die an die Erfassung von Opposition gegen traditionelle Autorität und Befürwortung von Umverteilungspolitiken angepasst wurde.
Die Ergebnisse zeigten signifikante Zusammenhänge zwischen sowohl kognitiven als auch emotionalen Fähigkeiten und ideologischen Einstellungen, obwohl die Stärke und Natur dieser Zusammenhänge variierte. Im Einklang mit früheren Studien an erwachsenen Populationen waren Jugendliche mit geringeren kognitiven Fähigkeiten eher geneigt, autoritäre Einstellungen zu unterstützen, sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite des politischen Spektrums.
Interessanterweise war der Zusammenhang zwischen kognitiven Fähigkeiten und sozialer Dominanzorientierung schwächer als bei rechtsextremem Autoritarismus, was darauf hindeutet, dass hierarchische Präferenzen weniger kognitiv getrieben sein könnten.
Emotionale Fähigkeiten erwiesen sich jedoch als noch stärkere Prädiktoren für ideologische Einstellungen als kognitive Fähigkeiten. Jugendliche mit geringeren emotionalen Fähigkeiten neigten eher dazu, autoritäre Überzeugungen in allen drei Dimensionen zu vertreten: rechtsextremer Autoritarismus, soziale Dominanzorientierung und linksextremer Autoritarismus. Darüber hinaus wurde der Einfluss kognitiver Fähigkeiten auf ideologische Einstellungen unbedeutend, wenn emotionale Fähigkeiten in die Modelle einbezogen wurden, was darauf hindeutet, dass emotionale Fähigkeiten eine vermittelnde Rolle spielen könnten.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis war die auffällige Ähnlichkeit zwischen rechtsextremen und linksextremen autoritären Einstellungen. Beide teilten gemeinsame psychologische Grundlagen, wie eine Präferenz für Konformität und Autorität, die negativ mit emotionalen und kognitiven Fähigkeiten korrelierten. Diese Überschneidung unterstützt die Idee, dass autoritäre Einstellungen, unabhängig von der politischen Orientierung, aus ähnlichen kognitiven und emotionalen Prozessen resultieren.
Interessanterweise fanden die Forscher keine signifikanten Unterschiede zwischen mittleren und späten Jugendlichen in der Stärke oder Natur dieser Zusammenhänge. Diese Konsistenz deutet darauf hin, dass die Verbindungen zwischen Fähigkeiten und ideologischen Einstellungen über diesen Entwicklungszeitraum hinweg stabil sind, was die Vorstellung in Frage stellt, dass diese Beziehungen erst im Erwachsenenalter entstehen.
Die Forscher schrieben: „Zusammenfassend spiegeln die vorliegenden Ergebnisse die in Erwachsenensamples erzielten Ergebnisse wider, mit ähnlichen Beziehungen von mehr oder weniger gleicher Größe zwischen kognitiven Fähigkeiten und ideologischen Einstellungen und mit noch stärkeren Beziehungen für emotionale Fähigkeiten. Das Konzept der ‚ideologischen Einstellungen‘ erfordert fast, dass seine Entwicklungswurzeln in die Vergangenheit zurückreichen. Viele Menschen sind politisch engagiert, aber beim Nachdenken über ‚das Politische‘ denken sie nicht immer in Bezug auf spezifische politische Fragen. Ideologische Einstellungen haben schließlich einen anderen Kompass, der sich an Werten und Normen ausrichtet. Solche Werte und Normen entwickeln sich wahrscheinlich in jüngeren Jahren und sind sozialisierbar, was Menschen empfänglich für spezifische ideologische Einstellungen macht.“
Die Ergebnisse werfen ein Licht darauf, wie sowohl kognitive als auch emotionale Fähigkeiten mit den ideologischen Einstellungen von Jugendlichen zusammenhängen. Da die Daten jedoch querschnittlich waren, konnten die Forscher keine kausalen Zusammenhänge herstellen oder beobachten, wie sich diese Fähigkeiten und Einstellungen im Laufe der Zeit entwickeln. Diese Einschränkung lässt unbeantwortete Fragen darüber offen, ob Defizite in kognitiven und emotionalen Fähigkeiten zu autoritären Einstellungen führen oder ob bestimmte ideologische Überzeugungen die Entwicklung dieser Fähigkeiten beeinflussen. Zukünftige Längsschnittstudien sind erforderlich, um diese Dynamiken eingehender zu erforschen und Veränderungen über die Adoleszenz hinaus bis ins Erwachsenenalter zu verfolgen, um die Entwicklungswege besser zu verstehen, die Fähigkeiten mit ideologischen Präferenzen verbinden.
Ergänzungen und Infos bitte an die Redaktion per eMail an de-info[at]it-boltwise.de. Bitte vergiss nicht in deiner eMail die Artikel-Headline zu nennen: "Adoleszente mit autoritären Neigungen zeigen geringere kognitive und emotionale Fähigkeiten".
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